Im Sommer 2012 sah ich zum ersten Mal bewusst ein modernes Orakel. Ich musste ganz dringend mein Manuskript beenden. Und haderte. Es gab auch so viele andere Dinge zu tun, ich wusste überhaupt nicht, wo ich anfangen sollte. Also ging ich spazieren. So ähnlich wie beim PC, erst einmal den Stecker ziehen, Neustart für das Gehirn. Was sollte ich nur tun? Immer wieder kreisten die Gedanken im Kopf. So sehr, dass ich beinahe gegen eine Werbewand lief. Ich sah hoch, und da stand: “Schreib! Dein! Buch!” – das war doch ganz klar eine Anweisung!
Und kurze Zeit später, als ich aus anderen Gründen traurig war, passierte mir ähnliches. “Kopf hoch!” stand auf einem Plakat. Seit dem ist mir klar: Wir müssen gar nicht nach Delphi pilgern, in Glaskugeln spähen oder Glückskekse öffnen. Wer eine transzendente Offenbarung sucht, ein Zeichen oder einen Hinweis, wie eine Entscheidung getroffen werden sollte, der muss einfach mal aufmerksam durch die Stadt gehen.
Denn die Zeichen sind oft überall. Manchmal sind es Werbeplakate. Oder Graffiti. Ich war gerade in Salzburg und habe wieder so viele Weisheiten gefunden. In Schaufensterscheiben oder auf Parkuhren.
Weisheiten auf der Straße – kleine Gebrauchsanleitung
In den letzten Jahren habe ich mein Vorgehen verfeinert. Das spart enorme Kopfschmerzen, denn ich muss nicht mehr gegen Schilder laufen. Mittlerweile habe ich mir zwei Methoden angeeignet, um die modernen Orakel für mich zu nutzen …
Antwort auf konkreten Fragen erhalten
Was soll ich nur machen? In die Berge fahren oder ans Meer? Klar, keine weltbewegende Frage, aber eine, die klar zu beantworten ist. Nur eben gerade nicht von mir. Solche Fragen stellen sich ja leider immer wieder. Wenn mich etwas beschäftigt, gehe ich manchmal bewusst in der Stadt spazieren und halte Ausschau nach klugen Sprüchen. Spricht mich einer besonders an? Gibt mir ein Spruch einen Hinweis? Oder sitze ich zufällig in der U-Bahn und lese da eine Antwort? Alles möglich.
Weisheiten finden ohne zu suchen
Eigentlich meine Lieblingsmethode. Denn wenn ich einfach bewusst gucke, so etwa in Mozarts Heimatstadt, dann fallen mir oft beeindruckende Weisheiten auf. Früher habe ich sie mir aufgeschrieben. Die drei ersten, die ich sah. Oder die zwei, die ich mir einfach gefielen. Heute zücke ich meist mein Smartphone. Hier meine neuesten Fundstücke. Wer gerade ein Orakel braucht – einfach Augen schließen und auf eines tippen. Könnte doch klappen!