Wiedersehen macht nicht immer Freude. Schon gar nicht bei Modetrends. Ich sage nur: Schlaghosen mit Gardinenmuster, Jeans-Overalls, und Riemchenschuhe, die optisch jedes lange schlanke Frauenbein in ein kurzes dralles Ding verwandeln. Aber in den letzten Monaten habe ich häufiger einen alten Bekannten getroffen, über den ich mich wirklich freue: den Rucksack. Nicht in Form dieser unförmigen Muddi-Bags, die vor allem ein möglichst auslaufsicheres und praktisches Großraumformat für Windeln, Feuchttücher, Karottenschnipsel und Dinkelstangen bieteten. Auch nicht als Lieblingsaccessoire von Menschen, die dazu Funktionsjacken und Klettverschlussschuhe tragen, als ginge es nicht zum Einkaufsbummel, sondern zur Antarktis-Expedition. Sondern in der city-tauglichen, tragbaren Variante, wie wir sie schon mal in den 80ern und 90ern hatten.
Zwei Riemen, zwei Schultern: Der Rucksack-Trend 2016 macht keinen Schnickschnack
Damals begleitete mich ein winziger Fake-Fur-Rucksack durchs Nachtleben, in den kaum mehr passte als zwei zusammengerollte Zehn-Mark-Scheine, eine Schachtel Zigaretten und ein Lippenstift. Leider war der irgendwann out, genau wie das Rauchen, und seit den Nullerjahren lasteten eine Menge untragbare Varianten auf unseren Schultern und in unseren Händen: grobe Teile aus LKW-Planen, Clutchbags, die Fingerkrämpfe bereiteten, oder Taschen mit einer extrem ungünstigen Riemenlänge, die einem ständig von der Schulter sackten. Jetzt endlich haben wir wieder die Hände frei: Der Rucksack-Trend 2016 gibt sich cool, extrem tragbar und auch noch praktisch. Ich laufe jedenfalls schon seit einigen Monaten mit einem schwarzen Modell herum, das sich tagsüber in der Fußgängerzone genau so gut macht wie beim Abendtermin im besseren Restaurant, und freue mich besonders, dass man so eine It-Bag heute offenbar so tragen darf, wie ihr Erfinder sie geschaffen hat: an zwei Riemen, nicht nur einseitig über der rechten Schulter baumelnd. So machen es jedenfalls alle in meiner mittelhippen Fußgängerzone in Hamburg-Ottensen. Form follows function.
Ein Fundstück aus dem Nachtleben der Neunziger
Ach, übrigens: Den Fake-Leo aus den 90ern habe ich auch wieder ausgegraben. Sieht immer noch gut aus, und wenn mich jemand fragt, wo der herkommt, lächle ich lässig und sage: „Du, der ist Vintage.“ Jedenfalls hat er immer noch viel Esprit. In seiner Innentasche habe ich eine ganze Rolle von 50-Pfennig-Gutscheinen für die Bar eines Clubs gefunden, der damals, 1996, der ganz heiße Scheiß war. Ich habe ihn gegoogelt, es gibt ihn noch. Ich glaube, demnächst setze ich mich dort mal mit großer Geste an den Tresen, breite die Altwährungsbons vor mir aus und bestelle eine Lokalrunde für alle. So viel Lässigkeit hat man nur mit einem Rucksack im Rücken.