Da standen wir also, zu zweit in einer engen Parkgarage in Mainz, und keiften uns an. Ich und dieses Schlachtschiff von Mietauto, das mir die Redaktion eines großen deutschen Reisemagazins für meine jüngste Reportage gebucht hatte. Das heißt, eigentlich hatte ich um einen Kleinwagen gebeten, denn ich wusste: Mit dem Ding muss ich für die nächsten Tage sowohl die Rampe im Hotel runterkommen als auch diverse kurvige Sträßchen in kleinen, idyllischen Weinorten hoch. Stattdessen war nur dieses asiatische Schwergewicht zu haben, das da am Straßenrand thronte wie ein aus dem Leim gegangenes Batmobil. Aber das schlimmste waren nicht seine Abmessungen, das schlimmste war seine Hysterie. Wie eine Helicopter-Mum aus der Hölle schrie es mich fortan immer dann piepsend an, wenn ich auf Armlänge an Bordsteinkanten, Poller, oder – Gott bewahre! – gar an andere Autos herankam. Und das mir, die sonst ohne High-Tech-Sensoren zu Hause ihre Familienschüssel in die engsten Laternenparkplätze Hamburgs navigiert, zur Not unter Zuhilfenahme des Gehörs. Wozu haben Autos eigentlich Stoßstangen, wenn man sie nicht einsetzen darf?
Mitdenkende Maschinen – und kein Vertrauen mehr!
Das ganze ist nur der Anfang. Hysterische Geräte, die immer alles besser wissen und mit ihren hohen, dünnen Stimmen keifen: „Komm da weg! Hab ich dir das nicht gleich gesagt! Kannst du nicht ein Mal auch nur ein bisschen aufpassen!“ Beim Autofahren sind wir ja schon längst entmündigt: Nach Jahren der Navi-Fahrten hat keiner mehr eine Ahnung, was eigentlich Himmelsrichtungen sind, geschweige denn eigener Orientierungssinn, weil wir uns wie die Schafe von der Navi-Tante einlullen lassen. Und die Einparkhilfen samt blinkenden Displayanzeigen („Schau, schau, da vorne, da gibt es jetzt gleich Tränen, Ohgottogott!“) sind nur eine Weiterführung dieses Gefühls: Da traut uns jemand nicht mehr zu, dass wir als erwachsene Menschen wissen, was wir tun. Vielleicht ist es technisch noch immer ein großer Schritt zum selbstfahrenden Auto, mental aber nicht. Irgendwann werden wir gar nicht mehr wagen, mutig aufs Gaspedal zu drücken. Als wären wir alle kleine Marie-Emilys, die von Mama einmal zu oft eingebläut bekommen haben, dass man vom großen Apfelbaum auch runterfallen kann.
Manche mögen’s heiß – aber nicht der High-Tech-Herd
Dabei wird das natürlich alles als große Lebenserleichterung verkauft. Das selbstfahrende Auto, der Kühlschrank, der selbständig Butter shoppen geht. Ist es aber nicht. Auch angeblich schlaue Haushaltsgeräte reagieren wie ein überzüchteter Hund, der etwas Feuchtigkeit oder einen Windhauch abbekommt: Bekommen sofort tiefgreifende Probleme und winseln herzerweichend. Habe ich zwei Wochen nach den Tagen mit dem Problemauto in einer Ferienwohnung erlebt. Eigentlich eine ziemlich schrammelige Angelegenheit, mit abgesessenen Korbmöbeln und zu kleinem Balkon, aber dafür mit topmodernem Induktionsherd. Tatsächlich kann man da mit dem richtigen Topf total schnell Wasser zum Kochen bringen. Aber wehe, es kocht auch nur eine Winzigkeit über. Kaum befindet sich H2O auf dem Kochfeld, blinkt und piept es hektisch „Error, Error!“, und dann fällt der Herd ins Koma. Jedenfalls schaltet er sich selbständig aus. So stellt sich nicht mal mein Ceranfeld an. Netto habe ich jedenfalls etwa 12 Minuten gebraucht, um ein weiches Ei zu kochen. Weil ich zwischendrin mehrmals den Herd beruhigen musste.
Denken? Nein danke!
Was ich mir für die Zukunft wünsche? Einen Herd mit Drehknöpfen, Autos mit echten Zündschlössern, und vor allem Maschinen, die einigermaßen mit Menschen können. Denn, ihr Lieben: schlau und zickig – das ist keine gute Kombi. Und denken kann ich immer noch ganz gut selbst.