Mann und Frau – Mut zur Freundschaft

Ob die grandiose Prinzessin noch mal irgendwann am silbernen Horizont auftauchen wird, vermag ich nicht zu spekulieren. Und lasse es auch. Das ohnehin turbulente letzte Jahr, wie einige andere zuvor auch, war aufregend genug. Die ganz wenigen Annäherungen waren einfach nicht verheißungsvoll genug. Die Lebensplanung braucht gerade ganz andere Prioritäten.

Also: Mann ist allein, kümmert sich um den aufreibenden Job, an einigen Wochenenden um den pubertierenden Knaben, der sonst bei der Ex-Frau lebt, um den sparsamen Haushalt, ab und an auch um die Familie, um die gefühlt wenig vorhandene Freizeit. Badezimmer putzen, Hemden bügeln, Fahrradtour organisieren, den Flug zur Konferenz buchen, stundenlang in Rezepten schmökern. Ganz normal also. Und immer wichtig: Den Kontakt zu den Freundinnen nicht abreißen lassen.

Wie bitte, Freundinnen? Wer sind die?

Nun ja, das sind die Frauen, mit denen ich sehr gut befreundet bin. Bei den Kerlen sind es die Freunde. Die wirklichen lassen sich schnell an einer Hand abzählen. Bei den wirklichen Freundinnen ist es genau so.

Kann Mann, demnächst deutlich über 50, gute Freundschaften mit Frauen pflegen? Ja, geht. Sehr gut sogar.

Meine besten drei Freundinnen kennen sich gegenseitig nicht. Uns verbindet jeweils eine gemeinsame Geschichte, die für mich zur Freundschaft wurde. Ich hoffe immer, dass sie mich auch einen Freund nennen. Wir reden da gar nicht drüber. Wir erleben das. Per Chat, per E-Mail, per Telefon; manchmal, eigentlich viel zu selten, sehen wir uns auch. Eins haben alle drei gemeinsam: Sie sind ungewöhnlich klug.

Jede von ihnen hat ihr Päckchen zu tragen, mal in einer Beziehung, mal ohne. Sie haben Sorgen im Job, Sorgen mit den Kindern, Sorgen mit dem Ex-Partner, Sorgen mit den Eltern. Und sie erleben Glück. Mal im Job, mal mit den Kindern, mal mit den Eltern, mal mit einem Partner Jede lebt ihr ganz eigenes Leben. Wir reden genau darüber. Über das Leben.

Gute Gespräche - auch am Telefon wunderbar (c) pixabay.com

Gute Gespräche – über das Leben (c) pixabay.com

Natürlich ist die Frequenz unserer Chats oder Telefonate nicht so hoch, wenn sie in einer Beziehung stecken; natürlich auch nicht, wenn ich in einer Beziehung stecke. Entscheidend ist: Der Kontakt bleibt, in Krisensituationen sogar bis tief in die Nacht. Ich nenne das Verlässlichkeit. Ein Wert, der mir besonders wichtig ist. Wenn wir telefonieren, dauert es Stunden. Nahezu immer. Und noch etwas eint sie alle: Sie sind ehrlich. Brutal ehrlich. Bin ich schließlich auch. Was wiederum wohl dazu geführt hat, dass wir befreundet sind.

Warum mir die Freundinnen so wichtig sind: Ihre Perspektiven. Und während die Kerle schon immer eher handfest waren und sind, formulieren sie Gedanken und Gefühle, die Mann gar nicht einfallen würden. Immer ein Gewinn, die andere Seite gehört zu haben. Meine Hoffnung ist, dass sie auch meinen Beitrag goutieren. Das Gefühl ist so.

Entstanden sind die Freundschaften erst in den letzten Jahren, in denen ich als Single durch das Universum wandele. Damals noch, in den Zeiten der über 20-jährigen Beziehung und Ehe, waren das ganz andere Freundschaften. Oder, wie sich dann schnell nach der Trennung zeigte: Es waren gar keine. Überhaupt: Heute, mit mehr als fünf Lebensjahrzehnten auf dem Buckel, sind ohnehin alle Freundschaften mehr wert. Gleich, ob Frau oder Mann; der Blick auf die wahren Werte hat sich geschärft.

Das Alter ist übrigens nebensächlich

Während eine meiner Freundinnen wie ich selbst die 50 schon überschritten hat, sind die beiden anderen jünger. Die eine ist gerade etwas über 40 Jahre alt, die andere noch keine 30. Entscheidend ist, wie wir miteinander reden. Nämlich offen, immer Klartext, gegenseitig mitfühlend und mitdenkend. Schön, dass wir es geschafft haben, die Freundschaft aufzubauen und zu bewahren, weil aus der Beziehungsgeschichte keine wurde. Denn so hat es häufig angefangen. Um dann zu erkennen, das vielleicht die Freundschaft der viel wichtigere Wert ist.

Mut zur Freundschaft. Kann ich nur empfehlen.

Warum ich das hier auf 40-something schreibe? Weil es für mich eines der lesenswertesten Angebote im Netz ist. Den Gründerinnen und Autorinnen sei hiermit sehr gern ein fettes Lob spendiert. Mann kann von vielen Beiträgen hier immer etwas mitnehmen, vor allem Inspiration oder Nachdenken. Die Einladung als Gastautor habe ich daher mit großer Freude angenommen.

Christian de Vries, Redakteur und schon seit vielen, vielen Jahren online unterwegs, hat bereits viele und vielfältige Stationen in seinem Berufsleben absolviert. Derzeit lebt er in der Oberpfalz, kocht gern, fährt gern auf dem Fahrrad, mag Barcamps und jede andere Gelegenheit, Freunde und Bekannte im richtigen Leben zu treffen. Hier geht es zu seinem Blog.

2 Replies to “Mann und Frau – Mut zur Freundschaft”

  1. Mini

    Ein sehr inspirierender Text, der mich sofort angesprochen hat. Was ich den Autor gerne fragen würde: wo hat er seine Freundinnen kennengelernt? Auch ich sehne mich verstärkt nach Begegnungen mit dem anderen Geschlecht – finde das Kennenlernen im typischen Frauenkontext (Mutter und Freiberuflerin im Home Office, dazu ganz spießig in einer festen Beziehung lebend) aber nicht gerade einfach…

    Antwort
  2. Pingback: DailyLobgesäusel #2 – cdv!

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