Jeder weiß, dass Krankenschwestern und Krankenpfleger einen harten, aber wichtigen Job machen. Dass sie trotz Schichtdienst, miserabler Bezahlung und Überlastung wahre Engel sind, habe ich gerade erlebt.
“Schlafen Sie einfach weiter”, flüsterte es leise in mein Ohr. Etwas zuppelte an meinem Arm, und ich schaute im Dämmerlicht kurz hoch in ein lächelndes Gesicht, das von wuscheligen blonden Locken umrahmt war. Ein Engel, dachte ich im Halbschlaf. In dem Moment wusste ich gar nicht mehr genau, wo ich gerade war. Schlaftrunken, krank, mit einer Infusion im Arm, die der blonde Engel gerade gewechselt hatte, fiel ich gleich wieder in den tiefen, traumlosen Dämmerzustand.
Die Nacht zuvor lag ich in der Notfallstation der Asklepiosklinik Altona. Heftige Bauchkrämpfe, die ich zunächst noch als Magen-Darm-Infekt eingeordnet hatten, entpuppten sich als hammerharte, gefährliche Darmentzündung. Noch zu akut, um operiert zu werden.
Krankenschwestern und Krankenpfleger: Sie sind da, wenn es richtig schlimm ist
Morgens bestätigte mir meine Bettnachbarin Petra meinen flüchtigen, nächtlichen Eindruck. Es war ein Engelchen am Werk. Genauso nannten wir Schwester Christina, weil sie auch bei Petra schon Wunderwerke vollbrachte. Überhaupt Petra: Kaum hatten wir uns kennengelernt, gackerten wir los. Petra war Krankenhaus-Profi und kannte mittlerweile schon die ganze Station – hat ein Herz aus Gold und einen Humor, der jeden mitreißt. Und wenn Krankenschwestern und Krankenpfleger zu uns kamen, mussten die meistens gleich mitlachen.
Das zweite Engelchen auf Station 6B trägt ein Kopftuch, das sie lässig um ihr schönes Gesicht drapierte. Die ganze Person strahlte rein und zart wie auf dem Gemälde von Jan Vermeers “Mädchen mit dem Perlenohrring”. “Guck mal, du siehst aus wie ein berühmtes Bild!”, sagte ich zu ihr – und sie lächelte. Dass auch Kübra ein Engel ist, erlebte ich ein paar Wochen später. Frisch operiert, musste ich ungefähr 25-mal pro Nacht zum Klo hasten. Dazu krampfte mein Bauch und übergeben musste ich mich auch noch. Irgendwann hing ich wie ein Schluck Wasser in der Kurve in der Hocke auf dem Boden. “Ich kann nicht mehr.” Und Kübra, das Mädchen mit dem hübschen Tuch und dem klaren Gesicht, half mir so lieb und fürsorglich, dass ich auch diese fürchterliche Nacht irgendwie überstehen konnte.
Engel Nummer drei: Auszubildende mit Herz
Petra, meine Bettnachbarin während des ersten Krankenhausaufenthalts, besuchte mich dann auch noch bei meiner zweiten Runde nach der OP. “Hallo, was machen Sie denn schon wieder hier?”, wurde sie dann auch begrüßt. Manche guckten verdattert, als sie merkten, dass Petra und ich uns im Krankenhaus angefreundet hatten. So auch Michelle, Engel Nummer drei. Nachdem ich meine schlimmen Durchfälle überstanden hatte und endlich wieder rumlaufen konnte, kam sie morgens in mein Zimmer, schaute mich an und sagte: “Oh, Sie sehen ja schon wieder gut aus. Für solche Momente mache ich meinen Job. Es ist so schön, wenn man sieht, dass es den Menschen wieder besser geht.”
Selbst jetzt bei der Erinnerung daran schießen mir fast schon wieder Tränen der Rührung in die Augen. Dieses Mädchen hat sich für einen Job entschieden, der knüppelhart ist. Sie wuchtet schwere Menschen vom Bett, säubert Wunden, wäscht fremde Körper, wird durch den massiven Personalmangel in ihrem Beruf sicher später oft gestresst und manchmal überfordert sein. Und dann strahlen ihre Augen, wenn es den Patienten wieder gut geht.
Krankenschwestern und Pfleger: stressiger Personalmangel
Gabi, Rudi und Petra: Das sind drei von den 6B-Engeln, die schon lange dabei sind. Sie helfen nicht nur Michelle, bald eine von ihnen zu sein; sie zeigen ihr, wie sie Verbände anlegt und Wunden versorgt. Und sie müssen sich ständig auf neue Kollegen einstellen und sie instruieren, weil die als Zeitarbeiter meist nur kurz mal vorbeischauen, mitarbeiten und bald wieder weg sind. Essen ausliefern, den Tropf erneuern, Bettzeug wechseln und Schmerzmittel verteilen: viel Arbeit für sehr wenig Zeit. In Deutschland, das wurde gerade in einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung festgestellt, muss sich eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger um 13 Patienten kümmern. In den USA sind es 5,3, in den Niederlanden 7, in Schweden 7,7 (Quelle: aerzteblatt.de).
Sondereinsatzkommando für Schmerzpatienten
Manche Engel flattern aber auch nur sporadisch vorbei. Bei mir waren es die Schmerz-Experten, die Pain Nurses. Nachdem das Mittel unmittelbar nach der OP versagte, und sich mein Bauch anfühlte, als würde ein Alien mit tausenden Zähnen darin rumwüten, schauten sie täglich einmal rein, checkten, ob meine Pillen-Dröhnung reichte, setzten die Dosis manchmal wieder rauf und sorgten so dafür, dass ich die große OP und die darauffolgenden Schmerzen in den Griff bekam. Auf einer Skala von eins bis zehn sollte ich Auskunft geben, wie es gerade aussieht. Immer kamen sie mit einem Lächeln ins Zimmer und fragten so freundlich, als wären wir verwandt.
Und jetzt kommt mein Aufruf an euch, liebe Leser!
Insgesamt lag ich 25 Tage auf der Station 6B der Asklepiosklinik in Altona. Ich konnte also ziemlich viel beobachten. Auch wenn ich vorher schon oft vom Pflegenotstand gehört habe und wusste, dass der Job Krankenschwester und Krankenpfleger ein echt hartes Brett ist: Diese Menschen verdienen nicht nur unseren höchsten Respekt. Sie verdienen es auch, dass wir als Gesellschaft für bessere Arbeitsbedingungen sorgen. Indem wir das Problem thematisieren und immer wieder darauf aufmerksam machen. Und das Mindeste, das wir zudem noch tun können: Seid nett zu den Engeln auf der Krankenstation und schenkt ihnen öfter mal ein Lächeln. Denn sie sind es, die sich um uns kümmern, wenn wir besonders schwach sind.
Liebe Esther!
Vielen Dank für deinen Beitrag!
Liebe Gisela,
sehr gerne geschehen. Es war eine Herzensangelegenheit, das zu schreiben. Ich bin allen Schwestern und Pflegern so dankbar, dass sie mir diese schwere Zeit erleichtert haben. Und natürlich habe ich den größten Respekt, dass sie diesen wichtigen Beruf ausüben.
Liebe Grüße, Esther