Wie gut, dass ich in einer eher kleinen Wohnung wohne. Denn ich bin eigentlich eine Sammlerin. Einmal im Jahr ist es dann so weit: Ich wage mich an meinen Kleiderschrank. Ich sortiere auch aus, vor allem aber sortiere ich um.
Als wir hier einzogen, hatte ich zunächst eine Kleiderstange für meine Klamotten und ein paar Kisten. Für zwei Schränke war kein Platz. Aber die Stange, versteckt hinter einem Dekostoff, sorgte für eine Rumpelecke. Es häufte sich immer mehr dort an. Für uns Erinnungssammler ist das ja schwer sich zu trennen. Kindliche Verlustängste? Sparsamkeit, weil Mode sich doch irgendwie wiederholt? Keine Ahnung.
Auch Erinnerungssammler können im Kleiderschrank sortieren
Vor einiger Zeit beschloss ich, dass mein Leben entrümpelt werden müsse. Die Stange flog raus. Und auch vieles an Klamotten. Ich zählte über vierzig T-Shirts, die eigentlich zu klein, zu breit oder zu fleckig waren. Könnte ich ja noch mal im Winter zum Unterziehen gebrauchen. Oder zum Sport. Weg damit! Ein Stapel mit Pullovern aus der molligsten Zeit meines Lebens flog auch raus. Selbst als ich schwanger war, fühlte ich mich darin nicht mehr wohl.
Tatsächlich passen nun alle meine Sachen in einen kleinen Wäscheschrank. Weniger ist mehr. Kleidung, die mir nicht mehr passt oder die kaputt ist, kommt zur Spende oder in den Müll. Aber ich hänge auch an meinen Erinnerungsstücken. Aber sie liegen nicht mehr im Schrank. Ich bewahre sie in einer Erinnerungskiste auf. Mein ältestes Kleidungsstück bekam ich 1973 von meiner Patentante. Eine Lammfell-Weste aus Spanien. Die passt mir nicht mehr, aber meine Kinder trugen sie gern. Vielleicht spielen die Enkel damit mal Indianer.
Das Kleid, das ich 1987 auf dem Ball der Highschool trug. Das hatte damals eine Schneiderin für mich nach Maß angefertigt. Darin fand ich mich wunderschön. In meiner Erinnerungskiste liegt auch eine schwarze Lederhose (etwas eng) und ein Abendkleid, das ich noch heute sehr gerne mag und mit dem ich in Gedanken wieder 26 Jahre alt bin, lässig im Cabrio sitze und die Nacht mit Champagner durchmache.
Nee, diese Erinnerungen bleiben. Sie werden nur ab und an gewaschen oder gereinigt und dann in Seidenpapier gepackt. Damit Motten fern bleiben. Letztere haben nämlich leider meinen Lieblingspulli aufgefuttert, der zu meinem Lieblingsmantel passt. Das gute Stück aus Dänemark ist zeitlos schön und begleitet mich schon fast 15 Jahre.
Meine Mutter sagt gern etwas scherzhaft: “Da ist das Gute noch nicht von ab.” In diesem Sinne freue ich mich, dass der Mantel bleiben darf. Hosen, Pullover, Sporthosen und so weiter sind da weniger Erinnerungsstücke, die fliegen raus. Souvenirs aus miesen Zeiten habe ich gar nicht. Komisch eigentlich. Offensichtlich verbinde ich schlechte Phasen in meinem Leben nicht mit bestimmten Halstüchern oder Blusen. Höchstens mit Schuhen. Doch die sortiere ich tatsächlich recht radikal. Warum aufheben, wenn eine Reparatur nicht mehr lohnt oder der Schuh drückt?
Und genau das sind meine ganz einfachen Tipps für alle, die so ticken wie ich:
- Mindestens einmal im Jahr den ganzen Schrank durchräumen, Sachen waschen.
- Den Schrank aufhübschen. Ich mag es ja, nach Regenbogenfarben zu sortieren.
- Erinnerungen aufheben. Aber nicht im Schrank, sondern in einem speziellen Karton oder Koffer.
- Ehrlich überlegen: Mag ich das? Brauche ich das? Bei Nein. Weg damit.
- Die Erinnerungskiste auch durchforsten. Manchmal fällt das Trennen doch nach einiger Zeit leicht.
- Bloß nicht: Dinge in den Keller oder Speicher räumen. Da wächst sonst ein unübersichtlicher Berg.
Am Wochenende will ich es mal wieder wagen. Ran an den Schrank. Vielleicht färbt ja ein Stück von Esther ab und ich miste richtig viel aus. Die guten Erinnerungen dürfen aber bleiben.