Wenn ich noch T-Shirts in den Kleiderschrank quetschen will, muss ich Gewalt anwenden. Bei der Kleiderstange, auf der die Jacken, Hosen und Blusen hängen, zittere ich jedes Mal, wenn ich einen Bügel reinpresse, ob die ganze Last nicht gleich auf dem Schrankboden liegt. Ich möchte nicht wissen, wie viele Kilos diese arme, kleine Kleiderstange tragen muss. Also wird aufgeräumt. Aber nicht, wie man es immer liest: Ausgeleierte Teile oder solche, die gerade mal nicht passen, fliegen in den blauen Sack. Nein, dieses Mal mache ich es anders.
Kleiderschrank richtig ausmisten: Ach, das war doch als …
Es gibt Teile bei mir im Schrank, die brauche ich nur auf Entfernung zu sehen, und schon tauchen vor meinem inneren Auge ganz bestimmte Situationen, Orte oder Bilder auf. “Ja, ja, das blaue Jeanskleid, das habe ich doch im Urlaub gekauft, als ich noch ganz frisch verliebt war.” Von dieser Liebe sind tatsächlich nur dieses Kleid und ein paar Shirts geblieben – und ganz viele blöde Erinnerungen, weil diese spezielle Romanze leider so gar kein gutes Ende fand. Und genau das fühle ich, wenn ich Klamotten, die mit diesem Mann zu tun haben, aus dem Schrank nehme. Trage ich das Teil, wird es noch schlimmer. Dann begleiten mich viele Momente, die mich an doofe Situationen erinnern, die übrigens nicht zwingend nur etwas mit Männern zu tun haben. Ich sortiere einfach alles aus, das mich an schlechte Nachrichten, verhunzte Tage oder Ähnliches erinnert. Aber heute wird es das letzte Mal sein. Es ist mir egal, ob meine Freunde finden, dass mir doch exakt dieses Jeanskleid oder eins von den Shirts besonders gut stehen. Das kommt weg!
Mein System: drei Tüten
Ein paar Shirts und Hosen fliegen direkt in die Mülltüte. Die zweite blaue XL-Tasche ist für Menschen aus dem Bekanntenkreis, die nicht so viel Geld haben und sich immer wie sonst was über jedes neue Accessoire oder Kleidungsstück freuen. Was in der dritten Tüte landet, wird gespendet. So einfach ist das. Da können sich alle gleich mal freuen. Die Mülltonne kriegt Futter, meine Bekannte bekommen bei diesem Ausmistverfahren mal so richtig gute Sachen – vom Cashmerepulli bis zum wirklich hübschen Strandkleid. Und wer mich nicht kennt und etwas von der Spende abbekommt, wundert sich vielleicht, dass noch die Etiketten von der Reinigung drin sind. Ich mache jetzt die Schranktüren zu und fühle mich gleich viel besser. Und ich bin mir sicher, das wird morgen auch noch so sein, wenn ich mir überlege, was ich anziehen soll.