Samstag mittag, eine Fischbude irgendwo an der Ostsee. „Boah, Gerlinde, komm mal gucken! Dat ist doch dieses Bambus-Bike, das ich neulich im Fernsehen gesehen habe! Dürfen wir mal?“ Aber sicher doch – mein Begleiter und ich, wir kennen das schon. Seit drei Tagen sind wir für eine Magazin-Reisereportage mit den Rädern unterwegs, und zwar mit ganz besonderen. Zwei Öko-Beautys mit Wow-Effekt, die jede Menge Blicke auf sich ziehen und bei jedem Kaffee-, Fischbrötchen- und Fotostopp sofort für Gesprächsstoff sorgen. Auch die zwei fröhlichen Rheinländerinnen am Fischbuden-Fahrradständer sind sofort im Bilde: „Im Fernsehen haben sie gesagt, die werden umweltfreundlich gefertigt, in Afrika! Stimmt das?“
Das Bambus-Bike: ein gut aussehender Entwicklungshelfer
Ja, stimmt. Fünf Jahre ist es her, da kamen zwei Kieler BWL-Studenten auf die Idee, Fahrradrahmen aus Bambus herzustellen und Business mit Entwicklungshilfe zu verbinden. Auslöser: Ein Freund der beiden hatte bei seinem freiwilligen sozialen Jahr in Ghana so ein Bike gesehen – allerdings noch weit entfernt von der schnittigen Variante, die heute in Norddeutschland zusammengebaut wird. Neben ihrem Studium nahmen die beiden Jung-Gründer Jonas und Maximilian Kontakt zu einer kleinen Werkstatt in Ghana auf, die Bambusprodukte herstellte, warben um Investoren, ließen in Deutschland Spezialwerkzeuge produzieren. So brachten sie ihr Startup auf den Weg, das gleichzeitig die Jugendarbeitslosigkeit in der Region bekämpfen soll. Keine ganz einfache Aufgabe im ländlichen Ghana, wo gerne auch mal für einen halben Tag das Stromnetz ausfällt – deshalb muss die Arbeit auch rein mechanisch zu erledigen sein.
Heute sind in Afrika 30 Mitarbeiter mit der Herstellung der Rahmen beschäftigt. Auch am Firmenhauptsitz in Kiel arbeiten 13 Leute, unter anderem in der eigenen Manufaktur, in der daraus verschiedene Fahrradtypen gefertigt werden. In mehreren Standardgrößen, Damen- und Herrenmodelle, nach einem individuellen Baukastensystem: Sättel, Schaltungen und Co gibt es jeweils in mehreren Ausführungen. Auch die stammen häufig aus kleinen Traditionsbetrieben – etwa eine schwäbische Nabenschaltung aus einer Tübinger Manufaktur, die Fahrrad-Enthusiasten in Ekstase versetzt. „Im Moment haben wir etwa 600 Räder auf den Straßen und 100 Händler in Europa, die unsere Modelle vertreiben“, erzählt My-Boo-Mitarbeiter Felix. Ehrgeiziges Ziel: allein in diesem Sommer wollen die Kieler Bike-Boys nochmal die gleiche Zahl unter die Leute bringen. Keine ganz günstige Anschaffung – mein Damenmodell kostet um die 1800 Euro – , aber dafür ein Rad fürs Leben, findet Felix: „Bambus ist ein tolles Material – ein nachwachsender Rohstoff, extrem stabil, belastbar, dämpft Stöße gut ab und ist dabei auch noch leicht.“ Stimmt: In der knorrigen Optik erinnern die Öko-Räder zwar ein wenig an Omas guten Teakholz-Tisch, sind aber einfach hochzuheben, wendig und bequem. Und nachdem vor drei Jahren ein Abenteurer-Paar mit den Bambus-Flitzern eine Weltreise von Hamburg bis nach China unternommen hat, ist klar: Die Teile halten einiges aus. Nicht nur den Weg bis zur nächsten Fischbude. Streng genommen ist Bambus übrigens kein Holz, sondern verholztes Gras. Und so belastbar, dass in Asien sogar Gerüste zum Hochhausbau daraus gefertigt werden.
Ein Traum: Esthers Chinese und Verenas Ghanaer gemeinsam in den Bergen
Übrigens, wenn’s mal nicht gar so flach ist wie an der Küste: Es gibt die My-Boos auch als E-Bike-Version. Da hätte ich doch schon eine Idee für ein langes Sommerwochenende, Esther: Du mit deinem sexy Chinesen und ich mit meinem coolen Ghanaer auf Tour durch den Chiemgau oder Südtirol! Eines weiß ich schon jetzt: Wir werden alle Blicke auf uns ziehen.
Im Rahmen einer Reisereportage für ein Frauenmagazin wurden Verena und ihrem Begleiter, dem Fotografen Bernd Jonkmans, zwei My-Boo-Bikes zum Testen zur Verfügung gestellt. Danke dafür!