Eigentlich wollte ich diese Woche einen harmlosen Beitrag schreiben und mich fragen, ob ich denn tatsächlich noch die gute alte Backpacker-Touristin von früher bin. Und dann holte mich das echte Leben wieder ein. Aber von vorn. Nach der Schule und während des Studiums reiste ich immer wieder spontan in ferne Länder, hatte meist so um die 12 bis 15 Kilo Gepäck dabei und einen Lonely Planet im Arm. Eine Backpacker-Reise, wie sie im Buche steht. Hin- und Rückflug schusterte ich mir irgendwie zusammen, dazwischen lag … nichts. Zumindest nichts, was nach festem Plan und Reiseleitung roch. Tatsächlich habe ich in meinem ganzen Leben erst zwei Pauschalreisen gebucht. Und da lag es definitiv an der extrem knappen Zeit. In einem Fall spazierte ich Ende November in ein Reisebüro – das war in den 90ern, weit weg von online-Buchungen – und sagte: “Also, ich möchte irgendwohin, wo es warm ist und am 23.12. zurück sein. Losfliegen könnte ich morgen.” Tat ich dann auch. Es ging in die Dominikanische Republik. Ich wusste zwar vorher nicht, dass ich jemals dahin wollte, aber egal. Es war ein schöner Urlaub. Und als Weihnachtsgeschenke gab es dann Cohibas und den geilsten Rum überhaupt (meinten die anderen, ich bin eher so die Gin-Trinkerin). Das zweite Mal wollte ich Ayurveda-Urlaub machen und dabei alles haben, aber bloß keinen Stress und keine Unwägbarkeiten.
Backpacker-Reise und Presse-Trip: Mehr Unterschied geht nicht
Spontan loszureisen und wenig Gepäck dabeizuhaben: Für mich fühlt sich das mein ganzes Leben lang schon nach Freiheit an. Immer wieder brauche ich eine kleine Dosis davon. In den letzen Wochen spürte ich wieder diese Reise-Sehnsucht. Am liebsten möchte ich nächstes Jahr zwei, drei Monate irgendwo mit leichtem Gepäck unterwegs sein. Mich wieder richtig spüren und viele neue Dinge erfahren. Mein Leitmotiv: “Ich investiere in Erinnerungen” hat sich in den letzten fast dreißig Jahren nicht geändert. Sansibar steht auf der Liste, Argentinien, Mexiko – und Asien geht für mich sowieso immer.
Zwischen den selbstorganisierten, spontanen und meist fernen Reisen lagen in den letzten 20 Jahren, die ich als Journalistin arbeite, allerdings auch unzählige voll organisierte Pressereisen. Das geht dann so: Spätestens zwei Wochen vor Abflug liegen detaillierte Pläne mit Hotelprospekt (mindestens vier, oft auch fünf Sterne), Teilnehmerlisten und wählbarem Spaßprogramm (Spabesuch, Parasailing, Oldtimer-Ralley, Coaching, kreatives Werken, Stadtrundfahrt, Sterne-Restaurant …) vor. Das einzige, was ich dabei machen musste: Eine vorzeigbare Garderobe knitterfrei in den Hotelschrank überführen. Taxifahrten, Eintrittskarten, Reservierungen und Spaßprogramm erledigten die vielen süßen und immer netten PR-Ladys. Was für ein unglaublicher Luxus! Und was für ein krasser Gegensatz zu meinen zusammengebastelten Selfmade-Trips.
Gerade heute fühlt sich alles ein wenig nach früher an – das Gefühl für die Backpacker-Reise ist wieder da. Ich fliege nämlich in ein paar Tagen in den Urlaub. Eigentlich in einer dritten Variante, irgendwo zwischen totaler Freiheit und totaler Planung. Halb organisiert, mit Freunden, und in ein Land, das ich kenne. Es ist nämlich so: Mein Lieblings-Ex-Kommillitone arbeitet bei der Lufthansa, über ihn sollte ich die Flüge zum günstigen Preis bekommen. Das Haus buchte er bereits über Airbnb, seine Frau und Tochter, ein paar andere Freunde seiner Familie und ein paar von mir kommen mit. Aber dann flog mir heute das ganze Ding um die Ohren. Denn entgegen all seiner Erfahrungen gibt es für mich keine Mitfluggelegenheit mehr. Alternative Flüge habe ich gerade am Rechner gecheckt. Da es nur noch wenige Tage sind, explodierten die Preise bereits vor einer Woche. Und die Reisezeit: beim günstigsten Flug mehr als 50 (!) Stunden auf der einen Strecke – oder eben fast 2000 Euro. Dannys, mein Lieblings-Ex-Kommilitone brach in schallendes Gelächter aus: “Fliegen die über Tibet, und kriegst du dann noch eine Privataudienz beim Dalai Lama?” mutmaßte er, weil er sich die fünffache Reisedauer nicht einfacher erklären konnte. Die Faktenlage sieht jetzt gerade so aus: Vielleicht kann er mich morgen noch auf die Maschine ab Frankfurt buchen, mit der er und seine zauberhafte Mini-Familie auch fliegen. Zumindest ab Frankfurt. Danach muss ich sehen, wie ich die erste Etappe regele. Und das fühlt sich schon wieder ein bisschen wie früher an: Sehen, was kommt, zugreifen, wenn sich etwas ergibt, und noch nicht genau wissen, wann ich wo lande. Wird Zeit, dass ich mal wieder mit dem Rucksack unterwegs bin.