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Heute ist Anne Vogd dran, euch was zu erzählen. Ich habe Sie letztes Jahr bei einem Fototermin für ein Magazin kennengelernt und war sofort begeistert! Sie sieht für ihr Alter nicht nur hammergut aus. Die Frau sprüht vor Witz. Übrigens auch beruflich: Sie arbeitet als Kaberettistin und Autorin. Bei uns wurde damals auch mehr gelacht als gefragt während meines Interviews. Jetzt lernt ihr sie kennen! So, Anne, und nun kommst du!
ge – nie – ßen, Verb (mit Obj.) (jmd. genießt etwas), Bedeutung: aus einer Sache für sich Freude, Genuss und Wohlbehagen ableiten. Beispiel: Er genießt sein Leben in vollen Zügen.
Ich übrigens nicht. Ich fahre lieber Auto. Der Fahrplan der Deutschen Bahn, oder besser, die flexible Abfahrtsinformation mit zwanglosem
Gleisvorschlag und stets frisch aufbereiteter Wagenreihung ist nicht so mein Ding. Wenn es sich aber so gar nicht vermeiden lässt, dann ist es immer dasselbe: Gleisnummer raussuchen, merken oder besser abfotografieren, zum Gleis rennen, Gleis und Zugnummer abgleichen, den ohnehin schon überfüllten Waggon entern, sich dort mit anderen Fahrgästen stapeln und die ganze Zeit Angst haben, dass man doch im verkehrten Zug sitzt. Und dann geht’s erst richtig los: Ich muss Telefongespräche von Leuten mitanhören, die mich bei der Post einen Kopf kürzer machen würden, wenn ich die Diskretionslinie übertrete. Von hinten tritt ein siebenjähriger Lümmel permanent gegen meine Rückenlehne, und seine Mutter sagt nichts, weil sie die Persönlichkeitsrechte ihres Primaten achten will. Ich habe kein Netz, was doppelte Wut bedeutet. Und wenn sich der Schaffner nähert, bin ich deutsch genug, um nervös zu werden – obwohl ich eine gültige Fahrkarte besitze. Was
für ein Stress!
Anne Vogd: “Dann doch lieber Autofahren…?”
Autofahren genieße ich hingegen sehr. Ich bin unabhängig, lerne meine Texte derweil oder fange an zu singen und höre erst damit auf, wenn ich andere Verkehrsteilnehmer beschimpfen muss. Und sollte es doch mal einen Stau geben, kann man ja immer noch anrufen und sagen, dass es später wird. Vom Auto aus funktioniert das. Wenn ich losfahre, hänge ich mein Handy immer sofort ans Ladekabel. Aber haben Sie schon mal versucht, ein Handy im ICE aufzuladen? Ich schon. Beim Reinstecken hatte ich noch 13 Prozent Akku, danach nur noch vier: So hatte ich mir das mit der Energiewende nicht vorgestellt. Die Bahn soll gefälligst ihre eigenen Quellen nutzen und nicht mit meinem Strom fahren. Denn wenn sie womöglich noch wegen Verspätungsabbau auf halber Strecke stehen bleibt, bin ich am Ende auch noch schuld.
Dennoch, vernünftiger wäre es, öfter mal Bahn zu fahren. Allein schon wegen der Umwelt und der Zeitersparnis. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich so oft auf der A3 im Stau stecke, dass ich ernsthaft überlege, diese Autobahn, die nicht umsonst auch Deutschlands größter Parkplatz genannt wird, als Hauptwohnsitz anzugeben. Ich stehe da wirklich so häufig und so lang, dass ich manchmal den Überblick verliere und mich dann frage: Bin ich auf dem Weg hin zur Arbeit oder schon wieder auf dem Heimweg? Warum denkt die Automobilindustrie bei den heutigen Staus überhaupt noch über ein selbstfahrendes Auto nach? Ein selbststehendes Auto fände ich viel sinnvoller, genauso wie eine
selbstputzende Wohnung oder eine selbstfunktionierende Beziehung. Aber das nur am Rande…..
Kommen wir zur Sache: Who’s perfect…?
Ich bin ein Mensch, der vieles aus Überzeugung macht und vieles aus Überzeugung nicht. Manchmal gerate ich dabei allerdings etwas durcheinander, was mich nach außen unvollkommen erscheinen lässt. Aber das stört mich nicht. Ich genieße es, nicht perfekt zu sein. Menschen, die perfekt erscheinen wollen, langweilen mich. Ich finde Menschen mit Makel viel menschlicher. Ich habe davon besonders viele. Ich glaube, als der liebe Gott mich gebaut hat, war er noch in der Experimentierphase. Irgendwann zweifelte er dann an der Aufwand-Nutzen-Relation und hat sich gedacht: Komm, denRest übernimmt jetzt mal die Krankenkasse. So ähnlich muss es gewesen sein, denn ich mache wirklich viele Dummheiten, aber die mache ich gut.
Ich bin viel zu oft hin- und hergerissen, als dass mein Leben gradlinig verlaufen könnte. Schuld daran sind die zwei Persönlichkeiten, die in mir wohnen. Die eine heißt Vergnügen, die andere heißt Vernunft. Beide streiten sich täglich um die Vorherrschaft: Der Partytiger in mir raunt: „Komm Liebelein, bleib noch ein bisschen. Es ist doch gerade so schön. Vergiss das mit dem Schlaf vor Mitternacht. Carpe Diem. Denk dran, lieber 50 Jahre gelebt, als 70 Jahre nur dabei gewesen“. Während die Tugend wie ein zartes Pflänzchen versucht, dagegenzuhalten und flehentlich flüstert: „Du solltest jetzt lieber gehen. Der Mond ist heute Abend voll. Du musst es nicht auch noch sein. Morgen ist auch noch ein Tag“. Was dann passiert, liegt in der Natur der Sache. Der Darwinismus macht auch vor mir nicht halt: Der Stärkere überlebt. Und das, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon weiß, dass meine Stimmung am nächsten Morgen durchhängen wird wie eine Lampion-Girlande vom Vorabend. „So what“, raunt es dann wieder in mir, „es ruckelt halt immer ein wenig, wenn man einen Gang höher schaltet“.
Anne Vogd: Wilde Zeiten brauchen mutige Menschen…
Ein bisschen mehr Abenteuer, ein bisschen weniger Vernunft – das täte uns allen gut. Und Abenteuer beginnen dort, wo Pläne enden. Das Leben braucht sie, um spannend zu bleiben. „Wem das zu gefährlich ist, der sollte es mal mit Routine versuchen – sie ist tödlich“, wusste schon Paulo Coelho. Pure Vernunft darf im Leben niemals dominieren. An Leuten, die immer vernünftig sind, die ihr Leben wie ein „Malen nach Zahlen“ führen, an denen kann man erkennen: vernünftig ist wie tot, nur vorher.
Keine Sorge: Ich möchte Ihnen jetzt nicht die hunderttausendste Anleitung für ein glückliches Leben anbieten. Nein, denn Sie können mir glauben: Alle Ratgeber sind gleich – mir auch. Ich möchte Ihnen auf eine humorvolle Art von der Lust am Leben erzählen, und wie trickreich man manchmal sein muss, um ihr gerecht zu werden.
Habe ich Ihr Interesse wecken können? In meinem Buch ‚Ich hab’s auch nicht immer leicht mit mir‘, das am 7. September im Ullstein Verlag erschienen ist, erfahren Sie wie man kleine und große Krisen im Alltag mit einer guten Portion Humor, Gelassenheit und Improvisationstalent meistert – oder auch nicht…. aber wer immer scheitert, ist doch auch zuverlässig, oder..?
Das Buch soll Sie unterhalten. Nicht mehr und nicht weniger. Es soll keinen missionieren, denn es ist weder der Versuch, mit einer Luftpumpe die Richtung des Windes zu ändern, noch will es mit seinen Botschaften der Cheerleader von Mainstream Meinungen sein. Es soll Ihnen, wie der Untertitel ‚Prosecco zum Lesen‘ andeutet, eine kleine Auszeit vom Alltag bieten, um mit diesem dann wieder besser fertig zu werden. Allerdings ohne akademischen Anspruch und wissenschaftliche Beweise, dafür aber mit viel Herzblut und einer gehörigen Portion Augenzwinkern.
Viel Vergnügen!
Die Autorin Anne Vogd
Anne Vogd, * 1965, arbeitete 25 Jahre lang als Vertrieblerin und Pressereferentin in der Modebranche, bevor sie mit 51 Jahren etwas ganz Neues wagte – und Kabarettistin wurde. Sie gewann den SWR3 Comedy Förderpreis und steht heute auf den Bühnen Deutschlands. Auf SWR3 ist die gebürtige Rheinländerin regelmäßig mit ihrer Serie „Volle Kanne Anne“ zu hören und schreibt Kolumnen für diverse Zeitungen und Online Magazine. Anne Vogd lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Rheinland-Pfalz.