Ein Sabbatjahr mit 40? Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte sich Tina Wolf. Wir beide kennen uns flüchtig von PR-Terminen. Dass sie sich eine Auszeit von einem Jahr nehmen würde, erfuhr ich per Mail. Tina erzählt in drei Folgen, was ihr das Sabbatjahr mit 40 gebracht hat. Heute und die beiden nächsten Montage veröffentlichen wir hier ihre Geschichte. Und eines sei jetzt schon mal verraten: Bei einem Sabbatjahr mit 40 ist es nicht geblieben. Und jetzt hat Tina das Wort!
Ich steuerte geradewegs auf meinen 40. Geburtstag zu und hatte so dieses Gefühl von „da geht noch was“. Aber was genau sollte das sein? Ich dachte nicht wirklich bewusst darüber nach, bis ich auf einem Seminar gefragt wurde, was ich später einmal bereuen würde? Und da war es mir sofort klar: Das Jahr Auszeit, das ich schon seit so vielen Jahren im Kopf hatte, nicht genommen zu haben. Von dem Moment an ging eigentlich alles relativ schnell. Ich sprach mit meiner Chefin, die mich wahnsinnig toll unterstütze in meinem Vorhaben und zack, hatte ich einen Sabbatical-Vertrag für ein Jahr in der Hand. Wow! Also ging die Planung los, die ich komplett unterschätzt hatte mit all den aufkommenden Themen, wie Aussetzen von Versicherungen, Langzeit-Auslandsreiseversicherungen vergleichen, Wohnung untervermieten ja oder nein, wer macht die Post, etc.
Würde ich mein Sabbatjahr mit 40 bereuen?
Und dann kamen die Fragen von anderen, ob ich mir eigentlich sicher sei, was ich da tun würde. Was, wenn meine Vertretung im Job viel besser sein würde als ich und sie mich nicht zurücknehmen? Was, wenn ich auf meinen Reisen keinen Anschluss finden würde, weil ich eben keine 20 sondern fast 40 sei? Was, wenn ich das alles irgendwann bereuen würde…. ja, was wenn?
Keine Ahnung. Über all das habe ich mir aber auch keine Gedanken gemacht. Denn was, wenn ich meinen Job danach gar nicht mehr wollte, was, wenn ich gar keinen Anschluss bräuchte? Ich habe wie nie zuvor in meinem Leben das Gefühl geliebt, einfach ziellos zu sein. Wie heißt es so schön, „wenn man kein Ziel hat, ist jeder Weg der richtige“ und genauso war es auch.
Sabbatjahr mit 40: Erstes Ziel New York!
Am 3.10.2017 ging es also los, erstes Ziel: New York City. Und damit startete das Abenteuer alleine Reisen als Frau mit fast 40. Und es war toll, es war wundervoll und aufregend, ich habe so viel Neues gesehen, erlebt, bestaunt, habe einige bekannte Orte erneut besucht und bewusst genossen und habe Erfahrungen nahezu aufgesogen. Zunächst startete meine Reise damit, die Ostküste der USA mit einem Mietwagen zu erkunden, Insel für Insel, Ort für Ort mit viel Zeit für Strandspaziergänge und Seele baumeln lassen.
Dann ging es mit dem Greyhound Bus nach Kanada hoch, dort mit dem Mietwagen umherfahren von Montreal über diverse Zwischenstopps nach Toronto und zu den Niagarafällen. Von dort nach Buffalo, per Flieger nach Atlanta, Florida und zurück nach New York City. Weihnachten verbrachte ich Zuhause und im Februar startete Teil zwei der Reise, Mittel- und Südamerika waren mein Ziel.
Sabbatjahr mit 40: Die richtige Zeit, um Träume zu verwirklichen
Zu zweit im Kolumbien, dann alleine in Peru und Argentinien und später mit einer Reisegruppe durch Kuba (was definitiv eine gute Entscheidung war, auch wenn ich sonst kein Fan von klassischen Reisegruppen bin).
Meine Highlights waren der Indian Summer in Kanada und dort mit dem Auto alleine herum zu fahren, Martha´s Vineyard an der Ostküste der USA, die Insel Providencia in Kolumbien, einmal Schlittschuhlaufen vor dem Rockefeller Center in New York zur Christmas Zeit und beim bekannten Christmas Tree Lighting dabei zu sein und Buenos Aires.
Manchmal ist ein Sabbatjahr ab 40 eine echte Herausforderung
Ich bin einen großen Teil der Zeit alleine gereist, habe aber auch Freunde überall auf der Welt besucht und mich mit Freunden aus Hamburg irgendwo getroffen, um gemeinsam zu reisen. Das war eine gute Mischung. Bis hier hört es sich alles nur toll an. Aber so war es natürlich nicht. Gerade die ersten fast drei Monate alleine waren eine große Herausforderung für mich. Denn während meines Sabbatjahres mit 40 wollte ich einfach nicht mehr in irgendwelchen Backpacker-Hotels schlafen und abends in verranzten Kneipen abhängen. Aber genau dort trifft man Leute. Aber eben 20-Jährige. Und somit war ich so gut wie die gesamte Zeit wirklich für mich.
Meistens habe ich das genossen, denn ich musste auf niemanden Rücksicht nehmen, konnte Entscheidungen für mich alleine fällen und diese drei Minuten später wieder ändern, wenn mir danach war, ohne dass es jemanden gestört hätte. Ich konnte in meinem Tempo gehen, fahren und denken, und anhalten, wo und wie oft ich wollte, egal ob zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto.
Fernreisen als Single: Manchmal wär’s schöner zu zweit
Aber es gab natürlich auch diese Momente der Einsamkeit. In denen ich mich gefragt habe, warum ich das alles eigentlich gerade machte. Mir fehlte es sehr oft, Momente teilen zu können, weshalb ich anfing, über meine spannende Reise einen Blog zu schreiben. Aber alleine einen Sonnenuntergang anzusehen, ist einfach nicht so schön wie zu zweit und alleine Essen zu gehen und jeden Abend die fragenden Blicke um einen herum zu ertragen, ist nicht immer einfach. Und wenn man aus Versehen doch mal zu Fuß erst im Dunkeln zum Hotel zurückgeht und einem jemand folgt, hat man auch mal Angst und Unwohlsein und wünscht sich jemanden an die Seite.
Oder wenn man in einer schrecklichen Unterkunft landet und die Tränen laufen, braucht man mal eine Umarmung, Aufmunterung oder einfach liebe Worte, die sagen: Hey, soooo schlimm ist es nun auch nicht. Aber man lernt Tag für Tag. Ich habe wahnsinnig viele Erfahrungen gesammelt, mich selbst besser kennengelernt und kann sagen, ohne dass das der Plan war, dass ich jetzt weiß, was Leute meinen, die davon sprechen, dass sie bei sich selber angekommen sind. Ich bin über mich selber hinausgewachsen in einigen Situationen und das hat mich extrem stark gemacht. Fürs Leben.
In der nächsten Folge geht es weiter mit spannenden Geschichten und vielen Einsichten! Stay tuned!
Sabbatjahr mit 40: Wer ist Tina Wolf?
Ich bin Tina Wolf, 42 Jahre alt und stand vor gut zwei Jahren vor dem wohl größten Abenteuer meines Lebens: ein Jahr Auszeit. Seit 12 Jahren arbeitete ich bei Beiersdorf. Die ersten 6 Jahre im Marketing und die weiteren Jahre in der PR für NIVEA, Labello, 8×4, Hansaplast und Eucerin und liebte meinen Job. Aber ich reise einfach viel zu gerne, als dass sechs Wochen Urlaub dafür auch nur im Ansatz ausreichen könnten. Seit Jahren träumte ich davon, ein Sabbatical zu nehmen, um einfach mal nur die Dinge zu tun, die mich wirklich glücklich machen. Viel zu Reisen. Das Leben auf mich zukommen zu lassen. Mich treiben lassen. Zum 40. Geburtstag habe ich mir diesen Traum erfüllt. Ich habe mir ein Jahr Auszeit geschenkt – ein Jahr Auszeit vom Job, von vielen „ich muss“, von Alltag und Routine.
Liebe Sabiene,
ich freue mich sehr über Deine Worte – danke Dir von Herzen.
Es ist sicherlich jedesmal ein kleines Aufraffen, aber es lohnt sich – egal wie lange die Reise ist.
Alles Liebe, Tina
Alleine reisen hat Vor- und Nachteile, das hast du wirklich sehr gut beschrieben. Ich bin nie ein ganzes Jahr alleine (oder weitgehend alleine) unterwegs gewesen, aber ich habe immer wieder einmal eine Städtereise für ein paar Tage alleine gemacht. Das ist eine ganz tolle Erfahrung, die jeder sich einmal gönnen sollte. Mit allen Licht- und Schattenseiten.
LG
Sabiene
Liebe Sabine,
leider kann Tina hier nicht direkt antworten. Ich bin mir aber sicher, dass sie deinen netten Kommentar liest. Ich bewundere Tina auch für die lange Zeit, die sie alleine unterwegs war. Ich selbst mache das auch häufig, aber meist eben nicht länger als zwei, drei Wochen. Danach bin ich dann wieder reif für Freunde und Familie, die ich unterwegs dann doch vermisse. Ich wünsche dir noch viele tolle Single-Reisen! Liebe Grüße! Esther