Ich stehe auf meinem Balkon und halte ein wenig den Atem an. Was für ein Himmel. Das Farbenspiel in rot und gelb fasziniert mich. Ich blicke in die Wolken und denke an diesen wunderbaren Sommer, der für mich so ein Geschenk war.
Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich mir hier auf dem Blog auch schon mal Gedanken über das Leben und Lieben gemacht. Da war dieses Lied, in dem der Sänger lieber auf der Wolke 4 sitzen bleiben wollte, aus Angst sich zu verbrennen. Und ich? Ich sinnierte darüber, dass ich doch lieber Wolke 7 und absolute Glücksmomente wählen würde. Wenn ich nur könnte.
Leben und Lieben – unerwartet und wunderschön
Heute lese ich meine Worte und erschrecke mich ein wenig. Weil ich jetzt die große Traurigkeit lese, die ich damals fühlte. Festgefahren in einer Situation, in der ich keinen Ausweg sah. Ich lese etwas vom Preis der Tränen für Glück. Und möchte ganz schnell in eine Zeitmaschine hüpfen. Und die traurige Autorin dieses Textes in den Arm nehmen. “Du wirst wieder wählen können. Es wird alles besser. Du schaffst das!” möchte ich ihr zu flüstern. Na, ich habe es ja auch ohne diesen Trost geschafft. War nicht so einfach. Nun bin ich mittlerweile schon länger getrennt, habe mich in meinem neuen Leben ein wenig mehr zu recht gefunden.
Es ist schön, die Freiheit zu genießen. Kein Partner, der Ansprüche an mich stellt. Keinen Alltag mit jemanden anderen abstimmen. Die große Liebe? Nein. Ich glaube nicht daran, dass Menschen in einem anderen ihr Seelenheil finden, heiraten und bis an ihr Lebensende gemeinsam glücklich werden. Aber sicher gibt es andere Formen von Beziehung. Für mich aber sind die ständigen Kompromisse der Langzeitbeziehung kein Thema mehr. Sagte ich mir. Und spürte, dass mir doch jemand fehlte. Aber wer? Es gab einige Fragen, die mich beschäftigten. Könnte ich es überhaupt wagen, meinen sicheren Schutzpanzer vor Gefühlen abzulegen? Theoretische Gedanken. Ich schrieb dazu: “Ich lasse das Leben auf mich zukommen und auch gute Begegnungen. Vielleicht finde ich ja einen Mann, mit dem Gespräche wunderbar und klug sind. Der dann auch noch verrückt genug ist, sich auf eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin einzulassen”
Und dann kam in diesem Sommer genau so eine gute Begegnung. Ich lernte jemanden kennen. Einen Mann, der selbst gern Geschichten mag. Wie fast zu erwarten, zunächst im Internet. Schon öfter habe ich Menschen getroffen, die ich auf Twitter oder Facebook kannte. Wenn aus virtuellem Austausch ein echtes Treffen wird, macht das meistens Spaß. Wir verabredeten uns. Es war ausdrücklich kein “Date” mit allem, was da so mitschwingt. Ich habe maximal einen netten Nachmittag erwartet. Aber es kam anders …
Mehr als nur ein netter Nachmittag
Wir knüpften sofort da an, wo wir im Internet schon waren, wussten ja schon einiges von einander. Unsere Gespräche waren wunderbar, der Mann bezaubernd klug mit einem ansteckenden Lachen. Wir waren uns sehr einig, was unseren Blick auf Romantik betrifft. Aus dem Treffen auf einen Kaffee wurde mehr. Wir erzählten uns Geschichten, Lebensgeschichten. Andere. Und liefen durch Hamburg. Hafencity, Portugiesenviertel, Stadtpark. Das war nicht so wichtig, Ich genoss die Augenblicke. Nicht nur ich. Spät, sehr spät am Abend standen wir plötzlich in einer innigen langen Umarmung an einem Fleet. Eine laue Sommernacht, in der leidenschaftliche und zärtliche Küsse wärmten. Da war kein langes Nachdenken. Kopfkino aus, echtes Leben an.
Komplett im Augenblick. Erstaunlich: Früher – also so als 20-something kreisten meine Gedanken immer schlimm, wenn ich einen Mann traf, den ich mochte. Was fühlt der? Was meint der? Bin ich dem gut genug? Was wenn ich was falsch mache? Und was bringt die Zukunft? Wo sind wir in fünf Jahren?
Diese Fragen gab es so nicht. Keine Langzeitplanung, keine extremes Abchecken. Weder habe ich mich ständig hinterfragt noch ihn. Die Zeiten des Nestbaus und der Familienplanung sind vorbei. Was zählt ist gemeinsames Lachen. Augenblicke genießen, wunderbare Küsse, Sand unter den Füßen und Meeresrauschen im Ohr. Vor allem aber Offenheit und Nähe – auch wenn zig Kilometer uns zeitweilig trennen. Gemeinsam auskosten, was ist, sich lebendig fühlen. Ohne Schubladendenken. Ohne verkrampfte Erwartungshaltung.
Sommer auf Wolken – und dann?
Ist das jetzt Wolke 7 – oder sogar eine englische Wolke 9? Weder noch. Weil eben gar nichts alles in Kategorien passt. Unendliches Glück? Was wirklich zählt, ist der Augenblick. Sind wunderbare Glücksmomente und Erinnerungen. Das muss kein absolutes Schwarz oder Weiß sein. Es ist gar nicht nötig, sich um den möglichen Preis Gedanken zu machen. Wie meine, unsere, Geschichte jetzt weitergeht? Das wird sich zeigen. Auch das ist eine neue Erfahrung. Eine fröhliche, irgendwie gelassene Offenheit. Mit warmen wohligem Bauchgefühl.
Ich hätte nicht erwartet, dass ich mich einem anderen Menschen gegenüber so öffnen kann. Die Angst verletzt zu werden oder von einer Wolke zu tief zu fallen? Die habe ich nicht, weil ich spüre, was ich möchte. Und was ich nicht möchte. Mich sehr geborgen und angenommen fühle. Von einem tollen verrückten Mann. Der mir Pistazienschoki und mein Lieblingsbier mitbringt, mir Mut macht und mich zum Lachen bringt.
Wie schön, mit über 40 so viel sicherer zu sein. Und was für ein Geschenk gemeinsam mit Leichtigkeit, diese besonderen Glücksmomente im Leben auskosten können. So etwas annehmen zu können, ohne Kopfkino. Ja, das ist möglich! Wer weiß schon, was das Morgen wirklich bringt. Vielleicht wunderschöne Schäfchenwolken? Einen blauen Sommerhimmel oder glutrote Gewitterwolken? Yolo – würde meine Teenager-Tochter sagen. Und genau das, tut gerade sehr gut. Dieses Leben. Das man nur einmal lebt, aber hoffentlich richtig. You only live once.
Diesen Sommer habe ich ja nicht allein erlebt. Wie die andere Seite der Medaille aussieht? Aus Sicht des Mannes, der mit mir diesen Sommer teilte? Das hat er eine Woche später im Blog geschildert: hier!
Liebe Silke,
ich freue mich sehr für dich! <3
Ich danke dir – was für ein Sommer der Begegnungen 😉 Lieben Gruß, Silke