Mann, hat die Frau es gut – und der Mann auch. Meine Freundin Kerstin, auch ein 40-something, wohnt in der Pfalz und ist mit einem Weinhändler verheiratet, in dessen Firma sie auch mitarbeitet. Klar, dass bei den beiden – siehe Foto oben – kein Drei-Euro-Chianti auf den Tisch kommt. Letzte Woche habe ich Kerstin und Christian Zeter besucht und bei der Gelegenheit nicht nur köstlichen Crémant und Rosé gekostet, sondern auch mal nachgefragt: Wie kann man als interessierter Laie eigentlich sein Weinwissen verbessern und neue Entdeckungen machen?
40-something: Mit 20 habe ich Wein aus dem Tetrapack getrunken, mit 30 konnte ich immerhin einen Chardonnay von einem Chianti unterscheiden. Aber allmählich fühle ich mich alt genug, ein bisschen mehr zu erfahren und auch mal ein paar Euro mehr für Wein auszugeben – so wie viele meiner Bekannten. Wie macht man das?
Christian: Der erste Schritt ist ganz einfach. Geh zu einer Weinfachhandlung, in der es Beratung gibt, und die eine Reihe von Weinen zum Probieren hat. Und dann einfach mal kosten, ganz unbeeinflusst von Ländernamen und Marken und Etiketten, die man vielleicht kennt.
Kerstin: Das machen ja viele Fachgeschäfte, dass sie gerade zum Wochenende hin mal so vier, fünf offene Weine anbieten.
Aber wenn ich dann wild durcheinander probiere, fruchtige Weißweine und schwere Rotweine, trübt das nicht mein Urteilsvermögen? So wie bei Parfums, wenn man an zu vielen Düften schnuppert und sie schließlich nicht mehr auseinanderhalten kann?
Christian: Das wäre dann schon der nächste Schritt, dass man sich auf einen gemeinsamen Nenner beschränkt. Also zum Beispiel verschiedene Burgundersorten probiert. Oder vergleicht: einen Weißwein, der im Holz ausgebaut ist, also im Holzfass gelagert wurde, gegen einen, der in der Flasche gereift ist. Oder Weißburgunder und Grauburgunder testet.
Kerstin: Und da, wo man das Gefühl hat: Der Geschmack überzeugt mich, der macht mich neugierig, genauer nachfragen: Was ist das für eine Rebsorte, woher kommt der, was gibt es Vergleichbares?
Weinwissen für Anfänger: trocken ist nicht gleich trocken
Es kursieren ja immer so einige Halbwahrheiten über Wein, erzählt mir doch mal, welche davon stimmen. Erstens: Nur ein trockener Wein ist ein guter Wein.
Christian: Falsch! Die meisten Weine, die Nicht-Kennern schmecken, haben bis zu acht Gramm Restsüße pro Liter, das ist der Grenzwert, bis zu dem ein Wein auf dem Etikett als „trocken“ bezeichnet werden darf. Ich würde das eher „off-dry“ nennen. Zum Beispiel Primitivo aus Apulien, oder Riesling-Weine von Nahe und Mosel. Aber daran ist auch nichts verkehrt, gerade bei Weißwein ergibt die Süße in Verbindung mit der Säure einen schönen Schmelz.
Zweitens: Deutscher Wein taugt nichts.
Kerstin: Schon lang überholt, das stammt noch aus der Zeit, in der man Weine wie „Liebfrauenmilch“ in großer Menge nach England exportierte. Heute können deutsche Weine international absolut mithalten.
Christian: Die Pfalz ist sehr dynamisch, auch Rheinhessen, weil in diesen Gebieten alle Rebsorten möglich sind. Das hat auch mit dem Klimawandel zu tun – einen Cabernet aus Deutschland, den hätte es vor 30 Jahren nicht gegeben. Klar gibt es auch Produzenten, die eine üble Sauce abliefern, aber genauso Weingüter, die Flaschen für über 100 Euro verkaufen – mit Recht.
Drittens: Im Discounter bekommt man vernünftige Weine für unter fünf Euro.
Christian: Vernünftig schon, aber mehr auch nicht. Solche Sätze kenne ich aus vielen Gesprächen: „Wir hatten neulich einen Wein vom Aldi, der war gar nicht mal so schlecht.“ Das mag schon sein – aber warum sollte man sich damit zufrieden geben?
Ganz wichtiges Weinwissen für Anfänger: Wie viel Geld muss man denn für eine gute Flasche ausgeben?
Kerstin: Bei jedem Weinhändler bekommt man einen sehr guten Wein für unter zehn Euro …
Christian: … vor allem aus Spanien, ich finde, das ist derzeit das Land mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zum Beispiel die Rebsorte Garnacha, aus der ein Rotwein mit einer schönen, sauerkirschartige Frucht gemacht wird, oft im Holz ausgebaut. Eine gute Flasche gibt es schon für sieben Euro.
Wie lagere ich Wein eigentlich richtig: Hauptsache kühl?
Christian: Nein, Hauptsache konstant. Also ohne große Temperaturschwankungen. Im Zweifelsfall aber eher im Keller als auf dem Speicher. Wenn die Weine Korkverschluss haben, dann liegend lagern, damit der Korken nicht austrocken. Bei Weinen mit Schraubverschluss ist das egal.
Gutes Stichwort! Kommen wir zum Vorurteil Nummer vier: Gute Weine haben einen Korkverschluss.
Kerstin: Schon lange nicht mehr! Es gibt Topweine aus Australien mit Schraubverschluss. In Deutschland sind wir da etwas traditioneller, aber allmählich spricht sich herum, dass Korken kein Qualitätsmerkmal ist.
Sommerwein, von Experten getestet: Muskateller und Sauvignon Blanc
Zum Schluss würde mich noch interessieren: Was empfehlt ihr in dieser Jahreszeit als schönen Sommerwein?
Kerstin: Wenn es warm ist, würde ich zu Weißwein raten: Muskateller oder Sauvignon Blanc aus Deutschland. Das sind so genannte Bouquet-Rebsorten, die sehr prägnante Aromen haben, stark über die Nase wirken, und gleichzeitig leicht und unkompliziert sind. Oder einen moussierenden Vinho verde aus Portugal, der ist erfrischend und hat weniger Alkohol als andere Weißweine.
Na, denn Prost – und vielen Dank!