Es gibt diese schrecklich drögen Tage. Fade und pappig, wie ein altes Knäckebrot. Man knabbert sich so durch und wird nicht einmal besonders satt. An Knäckebrot-Tagen ist der Himmel grau, die Kinder nörgeln, und die To-Do-Liste will sich nicht wegarbeiten lassen. Jeder kennt diese Ach-nö-muss-das-auch-noch-sein-Tage. Nicht schlimm. Aber verzichtbar.
Gerade in den dunklen düsteren Monaten des Jahres fühle ich mich häufig auf Knäckebrot-Diät. Und suche gern kleine Lichtblicke. Der Hamburger Himmel bietet mir da nicht viel. Gestern allerdings traf ich Carola. Nun werde ich wohl mal meinen Speiseplan ändern, denn ich saß leicht gestresst und etwas nörgelig (hey, ich bin die Mutter meiner Kinder!) in ihrer Küche. Bei Carola ist es immer chaotisch und gleichzeitig einladend. Sie schiebt einfach ihren Stapel mit Skizzen zur Seite und bietet mir einen Kaffee an. „Probier mal, meine neueste Kaffeemischung. Mit echter Crema. Besser als in jedem Coffeeshop.“ Bei Carola gibt es immer Coffee-to-stay. Sie strahlt Lebenslust pur aus, wenn sie mit roten Wangen extra viel Milchschaum für mich Kaffee-Muffel mit der Hand aufschlägt oder über ihren Handarbeitsshop im Internet erzählt. Knäckebrot? Gibt es bei ihr nicht. Denn Carola lebt nach dem Cupcake-Prinzip.
Cupcake-Prinzip: eine raffinierte Mischung mit einem Hauch von Glamour
Cupcakes kommen genau wie der Coffee-to-go und Bagels aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die kleinen Küchlein haben den gleichen süßen Teig wie Muffins. Doch sie sind mehr. Ungesünder, und angeblich magisch. Eine amerikanische Autorin ist sogar überzeugt, dass Cupcakes Leben retten. Der Beweis? In Städten, in denen es viele Cupcake-Läden gäbe, so erklärt sie, sei die Selbstmordrate deutlich niedriger.
Das was obendrauf ist, macht die Cupcakes einmalig. Eine raffinierte Mischung Käsesahne mit einem Hauch Pistazie, Variationen aus Schoko mit Minze oder ein paar Glitzerstreusel verleihen einem eher wenig aufregenden Gebäck einen Hauch von Glamour. Es gibt zwar Leute, die die kleinen Mini-Kunstwerke für schnelle Happen halten – aber die liegen völlig daneben. Cupcakes bieten Kreativität auf kleinstem Raum. Sie sind schnell verputzt und haben reichlich Kalorien. Und sie verleihen dem Leben Luxus.
Auf einen Cupcake gehört ein Frosting. So ein Häubchen aus Buttercreme mit Schokolade, bei dem man schon beim Anblick merkt, dass die Hose anfängt zu kneifen. Aber dafür schmeckt es. Carola hat nur einen kleinen Balkon? Na und? Sie freut sich, dass genug Platz für einen Stuhl und für ein paar schöne Kräuter sind. Klar ist bei ihr Geld oft knapp. Sie gönnt sich dafür den Luxus ihrer Kaffeemischungen – die sie mit ihren Freundinnen teilt.
Cupcakes: Das Einmalige sehen und den fluffigen Moment genießen
Carola hat eigentlich etwas ganz anderes gelernt, aber sie möchte gern von ihrer Kreativität leben. Und ist davon überzeugt, dass ihre Handarbeiten eines Tage viele Kunden finden werden. Andere würden klagen, dass sie neben Kinderbetreuung und faden Bürojob in den Abendstunden an der Nähmaschine hocken müssen. Carola nicht. Denn Menschen, die nach dem Cupcake-Prinzip leben, freuen sich über ihre Sahnecreme.
Cupecakes sind leicht und fluffig. Ohne Plan und viel Nachdenken, den Augenblick genießen und ihm das Einmalige sehen. An einem Tag, einfach spontan ans Meer fahren und abends im Bett noch Sand zwischen den Zehen spüren. Hinter der unaufgeräumten Wohnung einfach die Tür zu machen und mit der Freundin den Vormittag im Café sitzen. Augen auf und reinbeißen in das Leben. Denn es kann bunt und süß sein und mit gänzlich unerwarteten Geschmackskombinationen aufwarten.