Fasten hört sich grausam an. Und Wandern klingt auch nicht gerade sexy. Beides zusammen? Schwer vermittelbar. Und dennoch: Ich tue es immer wieder. Zuletzt im vergangenen Januar bei dem Fastenleiter Ralf Moll auf La Palma. Im Alleingang würde ich es nie hinbekommen. Vor dem Flug geht es schon mal los: Drei Entlastungstage stehen an. Das heißt: viel Obst, Gemüse, kein Kaffee, keine Kippen. Das mit den Zigaretten kriege ich ehrlich gesagt nie hin. Bei meinen letzten drei Fastenreisen habe ich auch weitergeschmökt. Ging auch.
Fasten und Wandern: 500 Kalorien am Tag sind erlaubt
Ein paar Jahre habe ich Ralf nicht gesehen. Am Flughafen auf La Palma war die Freude erst mal groß, weil Ralf einfach ein netter Typ ist und weil ich jetzt zehn Tage lang nur etwas für mich tun werde. Zwanzig Leute machen insgesamt mit. Und so langsam trudeln sie ein. Bei meiner ersten Fastentour vor mehr als zwölf Jahren dachte ich, das klappt nie: nix essen und dazu auch noch bewegen? No way. Ich hatte mir damals (kleines Geheimnis am Rande) drei Pakete Trockenfutter (Knäcke und Bio-Gebäck) ins Gepäck geschmuggelt. Gegessen habe ich es nicht. Deshalb war diesmal kein Extra an Bord. Denn ich weiß ja, dass wir dreimal am Tag etwas bekommen. Auf La Palma bietet Ralf Früchte- und Suppenfasten an. Ich entscheide mich für Suppe. Insgesamt kommen wir ungefähr auf 500 Kalorien täglich. Die Extra-Wärme kann ich beim Fasten gut gebrauchen. Auf den Touren gibt es dann mittags etwas Obst. So hält jeder die Strecke gut durch.
Und das ist noch nicht alles. Wer fastet, muss noch ein bisschen mehr auf sich nehmen. Das Programm bei Ralf Moll: Täglich einen Einlauf machen, nachmittags mindestens zwanzig Minuten mit einem Leberwickel entspannen. Morgens dazu noch mit einer Trockenbürste ordentlich den Körper schrubben und ein paar Chlorella-Algen als Entgiftungsunterstützung einwerfen. Dazu: trinken, so viel es geht. Teebeutel können wir uns abends immer nehmen. Meist sitzen wir dann ohnehin alle zusammen. Ralf, seine Lebensgefährtin Eva und der Fastenexperte Andrea Chiappa halten Vorträge über La Palma, das Fasten oder den Säuren-Basen-Haushalt. “Hunger, schlappe Muskeln und Kopfweh”, jammere ich in den ersten zwei Tagen.
Fastenwandern auf La Palma: Jammern, bis der Raketenschub kommt
Und dann kommt der Raketen-Schub. Am dritten Tag fühle ich mich, als wäre ich nachts an einer Steckdose für Vitalität angeschlossen gewesen. Ich springe auf und bin wie aufgetankt. Kopfweh? Weg. Hunger? Weg. Energie: 100 Prozent. Wohin es heute geht, entscheidet Ralf spontan. Er schaut sich die Wolken an und weiß dann, wo es wir das beste Wetter oder selten gute Bedingungen finden. Das macht er besser als jede Wetter-App. Ich genieße die Wanderung bei Refugio El Pilar. Ralf grinst breit und verrät, dass wir eventuell Glück haben. Noch wandern wir durch Wolken und es ist kalt. Aber Ralf, der Wettermann, weiß es besser. Zwanzig Minuten später erreichen wir die Wolkengrenze und sind voll auf der Sonnenseite. Und dann haben wir plötzlich den freien Blick auf den Teide.Teneriffa ist in Sicht und wir sehen den 3718 Meter hohen Vulkan. Mit einem Mal ist alles ganz still. Jeder genießt für sich diese wunderbare Natur.
Drei, vier Stunden sind wir täglich unterwegs. Immer in total unterschiedlichen Gegenden. Mal auf der Cumbre Richtung Süden, dann entlang der Cumbrecita in der Mitte der Insel oder im Osten. Auf der nächsten Wanderung bei La Galga in den Regenwald hat unsere gruppeneigene Wetter-App Ralf ausnahmsweise mal einen Knacks.
Erst tröpfelt es nur, danach gießt es in Strömen! So stelle ich mir das Dschungelcamp bei miesem Wetter vor. Auch wenn wir an tollen riesigen Farnen vorbeilaufen. Genießen kann ich das nicht. Meine angeblich wasserfeste Jacke lässt alles durch. Anschließend auf dem Rückweg gucke ich mir alle Leute aus der Gruppe an. Drei sind unter ihren Jacken trocken geblieben. Ich mache den Marken-Check: alle sind von Patagonia. Zwei Tage später geht’s nachmittags nach Los Llanos. Der erste Wandershop ist meiner. Auch wenn das Zeugs teuer ist, ich kaufe mir eine Jacke mit passender Hose.
Die neue Regenkombi brauchte ich für die letzten Tage dann nicht mehr. Im Gegenteil. Nachmittags fuhren wir nach Puerto Tazzacorte und Porto Naos, um am Strand zu entspannen. Als norddeutsches Küstenkind kann ich mich zwar für den schwarzen Strand nicht so ganz begeistern, aber die Wärme im Januar ist einfach herrlich.
Die Tapas-Läden können mir nicht gefährlich werden. Ich gehe entspannt daran vorbei. Das Hungergefühl ist ganz weit weg, der Kopf irgendwie viel freier als zu Beginn der Fastenwanderzeit und der Bauch ist auch schon ein bisschen flacher. Am Ende weiß ich ganz genau: Das war nicht das letzte Mal!
Und noch etwas weiß ich. Weil es ja hier auf der Insel nur Obst und Gemüse gab, genieße ich die typischen Papas arrugadas, die kleinen Schrumpelkartoffeln, mit Mojo rojo und Mojo verde ganz gemütlich zu Hause. Zwei Gläser davon stecken schon gut verpackt im Koffer.
Info: Früchte- oder Suppenfasten auf La Palma kostet ab 1145 Euro für zehn Tage im Doppelzimmer. Die Flugkosten kommen hinzu. Neben Entgiften und Entschlacken, stehen auf dem Programm: tägliche Morgengymnastik, tägliche Wanderungen (ca. 3 Std), Entspannungsverfahren, Gesundheitsvorträge sowie Badeausflüge ans Meer. www.typfasten.de
Buchtipp:
Ralf Moll, Gisela Held: Früchtefasten. Mein 10-Tage-Programm:
genießen – entschlacken – leichter werden. TRIAS Verlag, Stuttgart. 2016
Buch EUR [D] 12,99 | EUR [A] 13,40