Vier Buchstaben hat das Wort. Ein Wort, das unendlich viel ausdrücken kann. Das mich so sehr gefreut hat, als meine Tochter es zum ersten Mal sagte. Ein Wort, das ein Hilfeschrei sein kann und das mich manchmal in den Wahnsinn treibt. MAMA! Ja, genau, das meine ich.
Ich schreibe hier mit Bürobegleitung im Home Office. Denn mein 8jähriger Sohn spielt ganz leise neben mir mit Lego. Meine zehnjährige Tochter macht an ihrem Schreibtisch Hausaufgaben. Jeder hat eine Aufgabe, ich kann in Ruhe arbeiten. Theoretisch. Laute Legosteinkisten-Wühlgeräusche. “Mama, der eine ist echt ein reicher Mann. Sonst würden die Agenten sich vieles ja nicht leisten können. Das eine hier wird ein Bunker.” Ich nicke und versuche weiter im Netz zu recherchieren. “Oha, Mama! Wo ist mein Radiergummi?” Ich schiele auf die Uhr am Rechner, keine fünf Minuten ohne angemamat werden.
Was hatte ich mich über diese allerersten aneinander gereihten Laute gefreut, als mein Baby eindeutig “Mamam” sagte! Ich fand das wunderbar. Ich bin gern eine Mama. Es gibt nur zwei Menschen, die mich so nennen dürfen. Gar nicht so selbstverständlich für mich, denn ich bin ein ehemaliges Kinderladenkind.
Meine Kinder sagen nicht nur Mama …
Eine revolutionäre Elterninitiave hatte den Laden gemietet und nach langer Debatte war die Erziehung repressionsarm, nicht anti-autoritär. Aber Mamas und Papas hatten wir meist nicht, das war ja spießig. “Aber du bist doch meine Muddi!” höre ich noch heute meinen Kumpel Olli rufen. Doch seine Mutter bestand darauf, dass er sie Hanne nennen möge. Ich selbst nannte meine Eltern auch immer beim Vornamen. Es sei denn, ich wollte unbedingt einen Bikini oder länger fernsehen. “Duhu, Maaaama?” kam da oft gut an.
Meine Kinder sollten also Mama sagen, das war mir wichtig. Denn Silke, das bin ich ja schon für alle anderen. Aber womit ich nicht so richtig gerechnet habe, ist die Tatsache, dass sie “Mama” eben nicht nur einfach sagen. Meine Kinder rufen, brüllen und flüstern das Wort mit Tränen erstickter Stimme . “MAMA!” ist das erste, was meine Kinder rufen, wenn sie mich nach 14tägigem Urlaub mit dem Papa wiedersehen und drückt pure Freude und Liebe aus. “MAMA, Popo abputzen!” tönte es auffordernd jahrelang aus dem Bad. “MAMA!” wird geschrien, wenn Blut fließt, wenn Not da ist. Oder die Schwester/der Bruder/das Wetter/ die Hausaufgaben nerven. Auf wie viele Arten “Mama” ausgesprochen werden kann und wie unterschiedlich die Bedeutung sein, das hat Christine Finke hier wunderbar beschrieben.
Manchmal bin ich für meine Kinder auch Mami (der Sohn) oder Mamsie (Tochter). Die Mama-Frequenz ist auch schon deutlich gesunken. Wenn ich da an die Kindergartenkinderzeit denke … Aber wenn ich arbeiten möchte, dann finde ich manchmal die häufige Ansprache schon anstrengend. Was dagegen hilft? Meist sitze ich ja am Rechner, wenn die Kinder in der Schule sind. Vereinbarte Ruhephasen gelingen auch. Manchmal. Jetzt beispielsweise ist es gerade ruhig. Verdächtig ruhig. MAMA! Aus der Küche höre ich da einen Ruf … oh. Meine Tochter zaubert für uns alle drei gerade Kakaokreationen. Bei Fragen nach besonderen Rezepten habe ich ansonsten ja noch eine Geheimwaffe. Ich greife zum Telefonhörer: “Duhu, Mama?”